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Minimalistisch Fotografieren - ein Leica Q2 Erfahrungsbericht


In diesem Artikel geht es um die Kamera Leica Q2 vom gleichnamigen deutschen Herstellers, welche in vieler Hinsicht mit all ihren Stärken und Schwächen eine außergewöhnliche Kamera ist. In meinem Empfinden spiegelt die Philosophie von Leica einen minimalistischen Ansatz des Fotografierens wieder, so auch die Leica Q2.


Es handelt sich hierbei um meinen unbezahlten, ganz persönlichen Erfahrungsbericht. Dabei soll es nicht um technische Spezifikationen und fotografische Testsituationen gehen, sondern wie die Q2 meine Fotografie beeinflusst hat und weshalb ich sie für das minimalistische Fotografieren perfekt finde.  

 



 

Was macht Leica so einzigartig?

 

Die meisten Kameras des deutschen Traditionsherstellers Leica sind bis heute aus eigener Herstellung „made in Germany“ in Wetzlar gefertigt. Eine absolute Seltenheit auf dem Kameramarkt, welche wie man vielleicht auch erwarten würde, mit einer ganz eigenen Verarbeitungsqualität und Wertigkeit einher geht. Sowohl die Q, als auch die SL und die fast schon legendäre M-Reihe fühlt sich fast durchgehend fabelhaft in meinen Händen an. Ich habe das Gefühl, ein robustes, hochwertiges, wunderschönes Werkzeug der Fotografie in der Hand zu halten - und genau das ist die Q2 auch - ein Werkzeug um Momente digital festzuhalten. Nicht mehr. Nicht weniger.

 


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Weniger ist mehr?

 

Die Produktphilosophie von Leica ist „Das Wesentliche“. Und das merke ich - angefangen bei der Produktverpackung bis hin zum Softwaremenü. Die Q2 ist zum Fotografieren geschaffen. Ich kann an ihr haptisch und ganz manuell Blendenöffnung, ISO und Verschlusszeit einstellen. Und im Gegensatz zu vielen anderen Modellen der Konkurrenz fühlt sich das aufgrund der hochwertigen Verarbeitung einfach großartig an - oftmals bei anderen Herstellern nur per Software einstellbar. Bei der Q2 besteht dennoch ebenfalls die Möglichkeit zur digitalen Bedienung per Touch.

 

Diese 3 Einstellungen sind damals wie heute die wesentlichen physikalischen Größen, aus welchen am Ende das fertige Foto entsteht. Abgesehen vom Fokus braucht es nicht mehr an Einstellung – reiner Purismus.

 

Während nahezu alle Hersteller einen Wettbewerb schaffen, welche Kamera die meisten Features und die tollsten Daten aufs Papier drucken darf, bleibt die Leica Q2 hier sehr unauffällig. Kein Klappdisplay, kein riesiger Sucher, kein KI-basierter Autofokus, keine unzähligen Zusatzknöpfe - nicht einmal das Objektiv kann ich abnehmen und wechseln.

 

Und das ist vielleicht die größte Einschränkung oder Reduktion aufs Wesentliche - ganz nach dem eigenen Blickwinkel - die diese Kamera mit sich bringt. Ein fest verbautes 28mm Objektiv mit einem Vollformat-Sensor dahinter. Für fotografische Laien: Weitwinkel mit großem Kamerasensor.

Ich kann nicht zoomen. Ich kann nicht verschiedene Objektive ausprobieren. Mein Zoom sind meine eigenen zwei Beine - ich muss weiter weg oder aber in den meisten Fällen - nah ran. Das zwingt mich dazu, mich durch meine Umwelt zu bewegen, das Motiv von nahem zu betrachten.

Die integrierte Möglichkeit, auf Makro umzustellen, erlaubt mir, dann ganz nah ranzugehen. Wahnsinnig cool gelöst aus meiner Sicht - kenne ich von keinem anderen Hersteller - vielleicht doch ein Feature für den Wettbewerb.

 


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die Aufnahmen der Q2 fühlen sich nach "mitten drin" an


Das Kameramenü ist schlicht und einfach gehalten. Ich finde, ohne mir die Bedienungsanleitung durchlesen zu müssen, alle wesentlichen Einstellungen. Mehr kann ich nicht einstellen - das Wesentliche eben.

 

Fotografieren mit der Leica Q2

 

Wie bereits angedeutet, hat mich die Leica Q2 sehr stark in meiner Fotografie beeinflusst. Ich habe auch Sony Systeme (APSC und Vollformat) im Einsatz, welche insbesondere vom Autofokus und technischen Features der Q2 weit überlegen sind. Ich bin für so ziemlich jedes Szenario fotografisch gewappnet. Ultraweitwinkel für Landschaftsaufnahmen oder SuperTele für wilde Tiere. Aber diese schiere Anzahl an Möglichkeiten hat manchmal auch einen Haken: meine Ausrüstung benötigt relativ viel Platz und ist vor allem eines - nichts für die Jackentasche.

 

Die Q2 ist hier ganz anders. Trotz des großen hochauflösenden Kamerasensors, des wertigen Gehäuses aus Magnesium und des hervorragenden Objektivs ist die Kamera fast schon unauffällig kompakt und verhältnismäßig sehr leicht. Ich brauche keinen Rucksack mitnehmen, sondern hänge sie mir ganz selbstverständlich um den Hals.

Sie ist die perfekte Immer-dabei-Kamera, wenn man mal vom modernen Smartphone absieht und macht mir persönlich sehr viel Spaß in der Handhabung.

 

Ich habe im Gegensatz zu anderen Herstellern nicht das Gefühl, mit einem Hochleistungscomputer zu fotografieren, sondern mit einem klassischen Werkzeug. Dementsprechend fehlt hier auch ein extrem treffsicherer & schneller Autofokus - der Autofokus der Q2 ist ganz in Ordnung - aber mit der Q2 fokussiere ich fast ausschließlich manuell.

 

Die Limitierung auf die festverbaute Festbrennweite ist Freiheit und Einschränkung zugleich. Ich kann nicht wie bei dem Sony-System zwischen sämtlichen Brennweiten wählen - meine Fotos haben immer einen leicht weitwinklingen Look. Das ist beispielsweise für Porträts nicht immer ideal, für Wildlife-Fotografie in der Regel ein Ausschlusskriterium.

Auf der anderen Seite befreit mich diese Limitierung von den vielen Möglichkeiten und der Frage: Welche Brennweite wähle ich für mein Motiv. Ich brauche nicht lange überlegen oder gar ausprobieren, denn ich habe nur eine Brennweite zur Verfügung und die kenne ich dadurch ziemlich gut.

Allerdings bin ich mir unsicher, ob für mich 35mm oder gar 50mm nicht noch idealer wären. 28mm sind mir manchmal einen Tick zu weitwinklig. Der Nachfolger - die Leica Q3 - existiert mittlerweile neben der 28mm Version auch in einer 43mm Version.

Die Kamera hat keine Anschlüsse. Es existiert ein Fach für den ausdauernden Akku und eines für die SD-Karte. Kein USB, kein HDMI. Das kommt mitunter der hohen Wetterfestigkeit und dem Spritzwasserschutz zugute, aber beschränkt die Möglichkeiten des Datentransfers und Ladens erheblich. Ich kann die Kamera nicht per Kabel laden, somit auch nicht per Powerbank. Die Fotos lassen sich ebenfalls nicht per Kabel herunterladen, sondern nur über die entnommene SD-Karte oder aber in mäßiger Geschwindigkeit über Bluetooth per App.

 


Unterwegs & auf Reisen ist die Q2 ein toller Begleiter - kompakt, leicht, immer dabei
Unterwegs & auf Reisen ist die Q2 ein toller Begleiter - kompakt, leicht, immer dabei

 

Ebenfalls eine für mich sehr zwiespältige Limitierung ist das nicht vorhandene Klappdisplay. Ich fotografiere gerne bodennah und - trotz meiner Vorliebe zur Natur - liege ich für ein Foto ungern im Schlamm. Somit erzieht mich die Q2 auch hier, als Fotograf aktiv zu werden, statt der Kamera zu viel Arbeit zu überlassen und im Zweifel muss ich mich tief zum Boden begeben. Kleiner Trost: bei einem großartigen Foto freue ich mich am Ende dann umso mehr, dass ich trotz mancher „Unbequemlichkeiten“ im Kasten habe.

 

Mein persönliches Fazit

Die Leica Q2 ist für mich eine außergewöhnliche Kamera. Aus meiner Überzeugung zur achtsamen Fotografie und meiner Vorliebe zum reduzierten, manuellen Fotografieren stellt die Q2 eine für mich sehr harmonische Kamera dar. Ich liebe das Konzept dahinter und empfinde wahre Freude am Fotografieren - ein Gefühl, was andere Kameras bei mir sehr selten auslösen- und das trotz mancher teilweise nerviger Einschränkungen. Für mich steht hier der Fotograf im Mittelpunkt, denn die Q2 ist nicht besonders gut darin, mir vollautomatisch ein perfektes Foto zu liefern.

Mittlerweile nutze ich wieder eine Kamera von Sony – die A7RV. Für viele Ideen und Serien benötige ich mittlerweile die Flexibilität von Wechselobjektiven, beispielsweise mit SuperTele mit 600mm Brennweite. Solche Fotos sind mit der Q2 bei Weitem nicht umsetzbar. Nichts desto trotz habe ich durch die Q2 und ihre Art des Fotografieren viel gelernt und sie hat meine Praxis der achtsamen Fotografie spürbar gestärkt.

Meine Kameras sind mir auf fast allen kleinen wie großen Abenteuern daheim wie auf meinen Reisen rund um den Globus ein zuverlässig sowie robustes Werkzeug. Die Leica Q2 war dabei ganz ihrer Philosophie eine einzigartige Erfahrung: Reduktion auf das Wesentliche.

 

 

 

 

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